Geschwister-Scholl-Schule
Holtgrevenstraße 2-6, 44532 Lünen
Die Geschwister-Scholl-Schule in Lünen ist neben der Scharounschule in Marl eines der bedeutendsten Beispiele des modernen Schulbaus der Nachkriegszeit, bei dem die Prinzipien der organischen Architektur angewandt wurden.
Mit den stetig wachsenden Schülerzahlen in der Wirtschaftswunderzeit wurde Mitte der 1950er Jahre der Bau eines zweiten Gymnasiums in Lünen erforderlich. Ohne Ausschreibung wurde der Auftrag direkt an den Berliner Architekten Hans Scharoun vergeben. 1956 begann der Bau des ersten Abschnitts. Schon zwei Jahre später konnte die Schule als reines Mädchengymnasium eröffnen. Abgeschlossen waren die Arbeiten aber erst 1962.
Scharoun hatte sich schon 1951 mit einem nicht realisierten Entwurf für eine Schule in Darmstadt intensiv mit pädagogischen Konzepten und ihrer Übertragung in die Architektur beschäftigt. Er wollte die Nutzer, also die Kinder, in den Mittelpunkt seiner Planung stellen und die Form im Sinne des „organhaften Bauens“ an ihren jeweiligen Bedürfnissen und Entwicklungsstufen anpassen – auch wenn die Schülerinnen nicht aktiv in die Planungen einbezogen wurden.
Statt der kasernenhaften Lehranstalten der Vorkriegszeit entwarf Scharoun ein völlig neues Konzept des Schulbaus, das die Individualität und Selbständigkeit der Schülerinnen fördern sollte. Seine Klassenräume nannte er „Schulwohnungen“. Sie sollten den Gemeinschaftssinn unterstützen und die demokratische Gesellschaft im Kleinen abbilden. Im Fokus standen „Erlebnisvermittlung und Bewusstseinsbildung“. In jeder Schulwohnung finden sich auf polygonalem Grundriss ein Unterrichtsraum, ein Nebenraum, der Eingangsbereich und ein Freiluftunterrichtsraum. Dadurch wird der Außenraum miteinbezogen und eine Verbindung zur Natur hergestellt. Die hexagonalen Räume erlaubten neben dem konventionellen Frontalunterricht auch andere Anordnungen, für die das leichte Mobiliar schnell umgestellt werden konnte.
Zur Straße hin ist den pavillonartigen Klassenräumen ein zweigeschossiger, gestaffelter Trakt vorgelagert, in dem sich das Lehrerzimmer und die Naturwissenschaftsräume befinden. Daran schließt sich westlich die Aula an. Am Rande des Schulhofs wartete die große Pausenhalle mit Milchbar und Bücherei auf. Alle Gebäudeteile verfügen über ausreichend Tageslicht, das durch seitliche Fenster, Dachfenster oder Oberlichtbänder einfällt.
Ab 1975 waren auch männliche Schüler zugelassen. 1986 wurde das im Vorjahr unter Denkmalschutz gestellte Gymnasium in eine Gesamtschule umgewandelt. Im Zuge dessen fanden auch noch einige bauliche Erweiterungen statt. 2009–2013 wurde die Schule denkmalgerecht saniert. Für den Umbau erhielt das Architekturbüro Spital-Frenking + Schwarz mehrere Auszeichnungen.