Evangelisches Krankenhaus Hattingen
Bredenscheider Straße 54, 45525 Hattingen
Nach vierjähriger Bauzeit wurde im Sommer 1967 das neue Evangelische Krankenhaus in Hattingen in Betrieb genommen. Als Ersatz für einen Vorgängerbau aus dem Jahr 1901 sollte es allen modernen Ansprüchen genügen: Es sollte nicht nur effizient und wirtschaftlich betrieben werden können und auf dem neusten Stand der Medizintechnik sein, sondern auch durch eine rationelle Organisation das Pflegepersonal entlasten und den Patienten den Aufenthalt in physischer und psychischer Hinsicht möglichst angenehm machen. Wolfgang Rauh Architekt BDA / RDS Partner, den die Evangelische Kirchengemeinde mit dem Entwurf beauftragt hatte, stellte deshalb die konventionellen räumlichen Strukturen im Krankenhausbau infrage und unternahm intensive Studien, unter anderem bei Reisen in die USA, um eine neue Form des Krankenhausbaus zu realisieren.
Als erstes wurde ein 14-geschossiges Bettenhaus für 350 Betten errichtet. Durch den Bau dieses Hochhauses – ein für Hattingen bis dahin untypischer Gebäudetyp – war es möglich, auf kleinem Grundstück mit dem Bau des neuen Krankenhauses zu beginnen, ohne das alte Krankenhaus außer Betrieb nehmen zu müssen. Es folgen ein 6-geschossiger Behandlungstrakt und ein 3-geschossiger Verwaltungstrakt, der erst nach dem Abriss des alten Krankenhauses umgesetzt werden konnte.
Durch die Höhenstaffelung und die differenzierte Fassadengestaltung des Bettenhausturms wurde die Massivität des großen Bauvolumens zurückgenommen. Die vertikal gegliederten Wände waren durch blaue Mosaikflächen aufgelockert, die heute nur noch zum Teil erhalten sind.
Dass der damalige Sozialminister Werner Figgen das Krankenhaus bei der Eröffnung vor allem für den niedrigen Bettenpreis lobte, ist der innovativen Organsation der Grundrisse zu verdanken. Während die konventionellen Dreibettzimmer wenig Privatsphäre für die Patienten, vor allem für den in der Mitte liegenden, boten, waren die von Wolfgang Rauh konzipierten Vierbett-Zimmer großzügiger gestaltet. Sie boten ausreichend Rangierfläche für die Betten und Platz für Besucher. Mit mobilen Raumteilern und Vorhängen konnten die versetzt angeordneten Betten bei Bedarf isoliert werden, um so mehr Intimität zu ermöglichen, ohne den Blick aus dem Fenster zu verstellen. Auch ein separater Schrank- und Umkleideraum sollte die Privatsphäre des Patienten schützen.
Die Patientenzimmer liegen außen an einem U-förmigen Gang, dessen Maßstab im Gegensatz zu den langen Korridoren konventioneller Krankenhäuser von den Patienten als angenehm empfunden wird und keine Gefühle der Verlorenheit oder Anonymität hervorruft. Zugleich entstanden dadurch kurze Wege für das Personal, dessen Räume sich an der vierten, offenen Seite der „Rundumstation“ befinden. Im Gebäudeinneren liegen neben den Treppenhäusern Material- und Sanitärräume sowie die sogenannte Stationsdiele, eine freundlich gestaltete Sitzecke, die den Patienten, so der Architekt, „Gelegenheit gibt ‚auf dem Markte’ zu sitzen und am Leben der Station teilzuhaben“.
Durch diverse bauliche Anpassungen und technische Modernisierungen sind im Inneren des Krankenhauses nur wenige Details im Originalzustand verblieben. Auch das Äußere wurde durch bauliche und energetische Anpassungen zum Teil stark überformt. Die Krankenhauskapelle, die sich durch ihre geschlossene, kubische Bauform spannungsvoll von den restlichen Gebäuden abhob und das Ensemble komplettierte, wurde vor einigen Jahren durch ein neues Ärztehaus ersetzt. Besser erhalten sind die Wohngebäude im Süden. Hier ist die klare Formensprache der Architektur und die Offenheit der städtebaulichen Anlage noch deutlich ablesbar.