Auf Wiedersehen Utopia - Zurück in die Stadt der Zukunft
Die „Neue Stadt Wulfen“ gilt als exemplarisches und kontrovers diskutiertes Paradebeispiel einer Planstadt aus den 1960er Jahren. Neben der futuristisch anmutenden Stadtplanung mit strikter Trennung von Straßen und Fußgängerbereich waren besonders die vom Bund unterstützten Experimentalbauten Finnstadt, Metastadt und das Habiflex wichtige Beiträge im Diskurs um neue Wohnformen und Baubautypologien dieser Zeit.
Die junge und sehr wechselhafte Geschichte der „Neuen Stadt Wulfen“ (heute „Wulfen-Barkenberg“) spiegelt sich auch in der Entwicklung dieser Pionierprojekte wider: Während die Finnstadt eine Erfolgsgeschichte darstellt, wurde die Metastadt bereits 12 Jahre nach Fertigstellung wegen konstruktiver Mängel abgerissen. Als unbewohnbar erklärt steht das Habiflex seit Jahren leer und hat eine ungewisse Zukunft.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte um bezahlbaren Wohnraum, neue Wohnformen und serielles Bauen, scheint eine Wiedervorlage, Neueinordnung und Sichtbarmachung dieser Stadt sinnvoll, wenn nicht gar überfällig.
Auf einer großen Wiese an der Dimker Allee, dem früheren Grundstück der Baugruppe Marschall in Sichtweite zu Finnstadt und Habiflex, dient der Bau für eine Woche als temporärer Veranstaltungsort, Treffpunkt und als Ausgangspunkt für Expeditionen in die alte „Neue Stadt Wulfen“. Der Pavillon beinhaltet eine Klanginstallation von Lisa Danulat und Michael Graessner, die Fragmente der Entstehungsgeschichte der Stadt textlich collagiert.
Die Architektur steht im Rahmen eine studentische Design-Build Prozess und bezieht die sich vermittelnd auf ihr bauliches Umfeld und den theoretischen Kontext Entstehungszeit der Stadt. So standen die Themen wie Flexibilität, Elementierung und die Prämisse für die Entwicklung von Megastrukturen im Fokus der Entwurfsarbeit. Die Umsetzung geschieht als Selbstbau vor Ort in einem kollektiven Bauprozess der Studierenden vor den Augen der Anwohner.
Programm
In einer einwöchigen Programmphase wird die Plattform mit unterschiedlichen Veranstaltungsformaten für wechselnde Zielgruppen bespielt. Ziel ist die Neubewertung und Übertragung der Projekte in den aktuellen Diskurs. Das Spektrum der Formate reicht von Klanginstallationen und Workshops bis hin zu Diskussionsveranstaltungen zur Wohnungsfrage in der spannungsgeladenen Beziehung von Architektur, Wohnungsbau und sozialer Realität.
Samstag, 25.08.2018, 16:00 Uhr
„... mit Bier, Blasmusik und Erbsensuppe"
mit Vorträgen von Prof. Dr. Maren Harnack und Felix Torkar
Prof. Dr. Maren Harnack I Baumonster - I love you
In Ihrem Vortrag „Baumonster - I love you“ berichtet Maren Harnack von ihrer Leidenschaft für die Großwohnungsbauten der 1960er und 1970er Jahre. Diese werden häufig als problematisch wahrgenommen, die Bewohner hingegen beschreiben ihre Wohnumgebung oft als lebenswerte Umwelt. Bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass sie ein durchaus liebevolles Verhältnis zu den vermeintlich menschenverachtenden Großbauten haben.
Felix Torkar I SOS Brutalismus
Felix Torkar stellt in seinem Vortrag das Forschungs- und Ausstellungsprojekt «SOS Brutalismus» vor. Seit den 1950er-Jahren sind weltweit Bauten entstanden, die Ausdruck einer kompromisslosen Haltung sind. Oft, aber nicht immer, sind sie aus Sichtbeton (béton brut: daher der Begriff Brutalismus). Viele der oft kontrovers diskutierten Bauten sind heute von Abriss oder Umgestaltung bedroht. Dagegen formiert sich seit einigen Jahren eine Gegenbewegung, die vor allem im Internet aktiv ist und an der sich auch das Deutsche Architekturmuseum DAM in Frankfurt am Main und die Wüstenrot Stiftung beteiligen. Die Ergebnisse dieser Recherche wurden in einer grossen Ausstellung im DAM und in einer umfangreichen Begleitpublikation präsentiert.
Sonntag, 26.08.2018, 15:00 Uhr
Metacafé: „Wolke Barkenberg"
Vorstellung des Pavillon-Projektes und Diskussion mit Studierenden der TU Berlin bei Kaffee und Kuchen
Mittwoch, 29.08.2018, 18:00 Uhr
Metatalk: Wohnen, utopisch?
Denkmalpfleger Dr. Hans H. Hanke und Architekt Klaus Dömer im Gespräch mit Jan Kampshoff
Vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte um bezahlbaren Wohnraum, neue Wohnformen und serielles Bauen, scheint eine Wiedervorlage der Wulfener Modellprojekte fast überfällig. Was lernen wir vom Erfolg aber auch vom Scheitern der Experimente diese Zeit? Welche Relevanz haben sie für den aktuellen Diskurs. Neben dem gebauten, materiellen Erbe, ist auch das immaterielle Erbe dieser Experimente in Form von Theorien und Konzepten ein wertvolles Gut, für das ein angemessener Umgang gefunden werden muss.
Denkmalpfleger Dr. Hans H. Hanke ist als wissenschaftlicher Referent bei der „LWL Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen“. Im Gespräch mit Jan Kampshoff diskutiert er am Fallbeispiel „Habiflex“ die denkmalpflegerischen Herausforderungen im Umgang mit experimentellen Architekturen der 60er und 70er Jahre.
Architekt und Autor Klaus Dömer stellt in seinem Vortrag das aktuelle Buchprojekt „Bezahlbar. Gut. Wohnen.: Strategien für erschwinglichen Wohnraum“ vor, das am Beispiel herausragender Wohngebäude Strategien zur Schaffung von erschwinglichem Wohnraum aufgezeigt.
Samstag, 01.09.2018, 18:00 Uhr
Metatalk: Modernes Erbe
mit Vorträgen von Dr. Christine Kämmerer und Juliane Richter
Dr. Christine Kämmerer I Ruhrmoderne - eine Initiative
Als Mitglied der „Ruhrmoderne“ stellt Kunst- und Bauhistorikerin Dr. Christine Kämmerer die Ziele und Projekte der jungen Initiative vor, die durch Sensibilisierung und Thematisierung einen Beitrag dazu leisten, das zum Teil problematische Erbe der Nachkriegsmoderne im Sinne einer funktionalen, lebenswerten und nachhaltigen Stadt weiter zu entwickeln.
Juliane Richter I Raster Beton - Vom Leben in Großwohnsiedlungen zwischen Kunst und Platte
Die Kuratorin Juliane Richter spricht in ihrem Vortrag über das Ausstellungsprojekt „Raster Beton“: Zwischen Planung und Realität der Großwohnsiedlungen entfalten sich bis heute weltweit Debatten: Lebt im Plattenbau die Utopie von der Gleichheit aller Menschen, wie sie vor allem in der DDR propagiert wurde? Wie kann diese Erzählung für die Zukunft fortgeschrieben werden? Und können diese Siedlungen Antworten darauf geben, wie die Wohnungsfrage zu lösen ist und ob das Experiment geplanter Urbanität gelingen kann?
Sonntag, 02.09.2018, 15:00 Uhr
Metacafé: „Wolke Barkenberg"
Autorengespräch mit Lisa Danulat zur Klanginstallation von Lisa Danulat und Michael Graessner bei Kaffee und Kuchen.
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